Sie geht gerade wieder auf – die inszenierte Falle!
Fängt ja recht vielversprechend an.
Obgleich … .
Wirklich schlecht geschlafen.
Doch dann auch wieder nicht so richtig schlecht.
Soll heißen:
Ich ging früh ins Bett Sonntagabend und wundere mich nun offensichtlich noch immer, dass ich sehr früh aufgewacht bin – so auch diese Nacht.
Sogar der Kater hat gestaunt.
Der spinnt eh derzeit.
Hat wahrscheinlich zu viel Kontakt mit den anderen Katzen draußen im Garten – lässt sich zurück auf Zypern plötzlich nicht mehr länger auf den Schoß nehmen, streicheln. Das Auge hätte er mir ums Haar heraus gekratzt. War wahrscheinlich keine böse Absicht.
Glück gehabt!
Dann, wenn das Auge flöten gegangen wäre, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht mehr so nachsichtig behandelt für eine Zeitlang, vielleicht auch für immer, wer weiß. Was kann ich dafür, dass er blind ist!
Es lässt sich recht träge an das Leben auf Zypern. Es ist eben heiß, angenehm heiß. Wunderbare Nächte mit leichter Brise, vielleicht die beste Jahreszeit.
Gerade mal ein paar Tage hier.
Konnte in Lahr und Umgebung leider keinen Zahnarzt auftreiben, der mir in den Kram passt. In Berlin hatte ich einen, und jetzt auch hier auf Zypern. Bei dem war ich heute. Er macht mir Hoffnungen, dass der eine Backenzahn vielleicht doch noch stabilisiert und so weiter werden kann. In Lahr der Arzt, der hatte noch nicht mal recht in den Mund geguckt und dann redete er schon von „herausreißen“. War wohl genervt, dass ich mit X-Rays des Zahnes ankam und kein weiteres X-Ray zulassen wollte.
Ich muss doch die Strahlung schlucken, nicht er!
Er verkriecht sich hinter einer Tür und wartet, bis das Strahlen-Prozedere vorüber ist.
Nein, ich habe wieder Hoffnung, dass das Ding mit den Zähnen im letzten Moment doch noch zurecht gebogen werden kann im Gegensatz zu der traurigen Tatsache, dass sich Assad wohl halten wird. Bloß kein Implantat, von dem immer sofort gleich die Rede ist. Assad ist mir eigentlich auch ein Implantat, der anderen Art. Und wenn die Krankenkasse zyprisch-zahnärztliche Kosten nicht begleicht, muss man sich da dann nicht schon fragen, für was wir eigentlich noch eine EU führen?
OK, Zypern ist nicht im Schengenraum, aber … .
Wie?
Den Wiederaufbau Syriens soll die EU hauptsächlich bezahlen?
Vor dem Flug hier her habe ich noch schnell zwei Rechnungen an die Krankenkasse geschickt, weil Monate davor leider zum Orthopäden gegangen werden musste, auch auf Zypern. Eigentlich könnte ich da gleich wieder hinrennen, weil eines der beiden Knie komischerweise plötzlich etwas schmerzt.
Die Kasse kann sich aber beruhigen, weil Selbsttherapie hab ich mir verschrieben. Darüber, wie diese Art von Therapie sich gestaltet, keine Sorge, das wird nun nicht in Details vor ihrem staunenden Auge hier flachgelegt. Bleibt mein Geheimnis, so auch, warum ich einen mehr als halbfertigen, 4-seitigen Bericht zu Syrien jetzt doch nicht veröffentlichen mag. Sie müssen wissen, ja, ich weiß, Sie müssen gar nichts, aber dennoch: Was da in Syrien abgeht, das find ich nur noch unerträglich. Ganz schlimm, dass Assad überlebt, politisch.
Nein, ich sitze nicht in oder auf „Santa“!
Sie werden es nicht für möglich halten, doch das Schicksal, oder wer immer es ist, hat beschlossen, dass für eine geraume Zeit ausgewichen werden muss, Santa der Rücken zu kehren ist. Besuch steht nämlich an und dann geht es bekanntlich laut und so weiter zu. Die Leute wollen eben auch unterhalten sein. Und da der Besuch nicht meiner ist, … .
Nicht etwa, dass ich fremdeln würde, aber ehrlich, ich mag jetzt nicht! Punkt. Mag MEIN Ding hier auf Zypern ENDLICH mal machen und sonst möglich nichts. Übermorgen kommt allerdings noch ein Abend mit Botschaftsleuten dazwischen, doch dann werde ich vollends abtauchen, und zwar in Limassol. Vorgenommen habe ich mir, die syrisch-ägyptisch-libanesich-kurdische-etc.-Szene zu sichten. Mal sehen, was DIE so zu erzählen habe über ihre vermeintliche Freiheit in Limassol und die zurückgelassene Heimat, und wie die sich in Zypern einbringen.
Irgendwie kenne ich diese Stadt, Limassol, und dann auch wieder überhaupt nicht. Ja, ich bin eigentlich oft in Limassol, aber … .
Wissen Sie, ich bin nun über 10 Jahre immer wieder auf der Insel und hatte es bislang nicht eilig, möglichst alles zu sehen oder gesehen zu haben. „Reinwachsenlassen“, sag ich da gern. Und nun ergibt sich offenbar eben, dass für eine Weile in Limassol gewohnt wird. Kann gut sein, dass der Limassol-Aufenthalt dann doch noch zeitlich erweitert wird. Jetzt sind erst mal 3 Wochen angesetzt, auch, da die Besitzerin meiner neuen Unterkunft offensichtlich schon jemand anders in dem recht bescheiden eingerichteten Wohnraum gebucht hat.
Die Absteige klingt und sieht auf „AirnB“ ganz anders aus, vielversprechender.
Mir ist das gerade egal, auch, ob dort ein Fenster drin ist oder nicht. Ja, da ist eins, doch keine 2 Meter vor demselben ist eine ziemlich unschöne Wand jenes Wohnhauses, neben dem meine Hütte von Uncle Tom steht und die Vermieterin dieses ‚Luxus‘ womöglich auf unsere Kosten lebt.
Alles OK!
Nichts mit meckern hier!
Noch nicht.
Jetzt weiß ich, hier in Onkel Tom’s Hütte sitzend und gerade schreibend, was in Santa vergessen wurde: die Kamera und das Teleobjektiv. Liegen hinter’m Fernseher und werden mir Mittwoch Abend überreicht, wenn es zum Treffen mit den Botschaftsleuten geht – Abschied eines Diplomaten vom Dienst und so stehen auf dem Programm. Leute treffen. Sehen und gesehen werden.
Dafür, dass das Zweitwichtigste (Kamera) vergessen wurde, habe ich wahrscheinlich viel zu viele Hosen mit langem Hosenbein dabei. So auch kurz-ärmliche Hemden. Alles gebügelt und sauber.
Wird sich noch herausstellen, wie das Viertel hier in Limassol heißt, in das kurzfristig eingezogen wurde. Wollte jedenfalls nicht unten am Strand sein. Nein, möglichst ein mir total unbekannter Fleck in der Stadt ist angesagt.
Letzteres bewahrheitete sich schon heute Nacht. Bekanntlich sind alle Katzen im Dunkeln schwarz, sehen plötzlich anders aus, so auch Limassol. Ausfahrt Nummer 28 gilt es nämlich zu nehmen auf der Autobahn, die durch die obere Stadt verläuft, wenn ins temporäre Zuhause gelangt werden will. Dann gilt es in Richtung Zentrum zu fahren und bei der 3. Ampel rechts abzubiegen, dann die erste Straße links einzubiegen und dann ist man schon dort, nämlich nahezu am Ende einer vergleichsweise kurzen Straße.
Doch auf dem Weg zurück aus der Stadt nahm ich den Weg kreuz und quer durch dieselbe. Weil sie soll jetzt endlich besser gekannt werden – zu Fuß, wie auch per Auto. Irgendwie war’s als würd ich durch Beirut oder durch Damaskus fahren – vor dem Krieg.
Wohne gar nicht so weit von dem Ort entfernt, wo schon mal eine Zeitlang Tischtennis gespielt wurde. Sie werden es nicht glauben, als ich nach Monaten zurückkam an diesen Ort und dort wieder Pingpong spielen gehen wollte, konnte ich den Weg zur Halle einfach nicht finden, obgleich an jenem Ort ein großes halbrundes Stadium in den Himmel ragt, unter und in dem eben auch Tischtennis gespielt wird – und nicht zu billig. 50 Euro Beitrag im Monat wollten die damals haben plus 50 Euro Aufnahmegebühr.
Und damit gab ich mich dann auch zufrieden damals, also, dass ich diesen Ort auf die Schnelle nicht finden konnte und nicht wieder zum teuren Training dort antrat. Was so speziell an diesem einen Monat Training dort war: ich trainierte mit Jugendlichen. Für die Erwachsenen war ich denen offenbar zu schlecht. Und das Training war wirklich Training. Es wurden verschiedenste Techniken und Schläge eingeübt. Wunderbar. Das ist in Lahr leider nicht gegeben. Da stellen sich die Herren hinter die Platte, spielen sich etwas ein, meist immer dieselben, die danach gegeneinander spielen, und das war dann Training!
Spielte damals in einem anderen Verein Deutschlands, wo, wie soll es bestens gesagt sein, nicht gerade hochklassiges Tischtennis gespielt wird.
Das ist auch in Lahr längst nicht der Fall, allerdings gibt es dann doch 3-4 Männer, es spielen auch in Lahr nur Männer Tischtennis im Verein, die ich ganz gewiss auch nicht zu meiner BESTEN Zeit von der Platte so ohne Weiteres gefegt hätte – genauer den einen. Und daraufhin mag ich trainieren und keine zyprischen Trainingspausen daher mehr zulassen, die sonst als dazu führten, dass wochenlang die Rückhand wieder eingeübt werden musste nach der Rückkehr an die Platte und in die so genannte „Runde“ – mit der Konsequenz, dass einige Spiele verloren gingen etc.
Nein, diesmal will ich es vor allem mir selbst zeigen, auch wenn das Knie droht, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Man wird sehen, was passiert – und ob die arabischsprachige Szene in Limassol mir einen Zutritt gewährt. Es ist nämlich noch nicht entschieden, ob als Privatperson oder als Journalist dort sich eingebracht wird. Womöglich bin ich da schon so hartnäckig wie der Baschar al Assad? Von dem kann man wahrhaft noch lernen, sich zu behaupten. Das Problem ist halt nur: bis zu welchem Preis?
Normalerweise halte ich mich am anderen Ende von Limassol auf, also dort ungefähr, wo man von Larnaka nach Limassol auf der Straße am Meer kommend in diese Stadt einfällt. Die Zyprer nennen die Gegend inoffiziell „Tourist-Area“. Schrecklicher Name, aber zwei-drei gute Cafés, die gibt es dort. Und ich sitze nun mal oft und gern in Cafés, um zu lesen, zu gucken und natürlich auch um Leute kennenzulernen oder zu treffen.
Mein heiß geliebtes Café „Costa Coffee“ soll ja nun ein Teil des Coca-Cola Imperiums geworden sein. Wird offensichtlich Zeit, sich neue Orte zu erschließen. Da wäre was in der Makarius-Straße namens „Paradosiaka“ (Traditionell). Unweit davon waren wir letztens. Ganz chic ist das Zweitgenannte gewesen. Das Paradosiaka scheint ein typisch zyprisches Kafeneion darstellen zu wollen.
Auf den zuvor erwähnten Umstand – chic – sollte man sich in Zypern ansonsten einlassen. Weil dort, wo die älteren zyprischen Herren hingehen, herrscht nicht gerade der Esprit von Internationalität, meistens. Also werde ich genau deswegen dort heute früh mal hingehen.
Wie gesagt, ich bin mal wieder früh schlafen gegangen und früh aufgestanden. Jetzt ist 03 Uhr 30 morgens. Wenn ich den Text hier durchhabe, wird das Ding ins Netz gestellt. Weg damit! Und dann werde ich mir die Frühschwimmer-Szene geben. Wahrscheinlich am Dassoudi-Beach, auch der ist größtenteils schön sandig und weitläufig – auch wenn davor immer mehr Öltanker und andere Schiffe vor Anker liegen. Sogar ein kleines Wäldchen trennt diesen Beach von der 4-spurigen Straße, der Corniche.
Hatte den Toshiba-Computer, der gewiss schon so alt ist wie der Krieg in Syrien, und älter, vor meiner letzten Abreise nach Deutschland doch noch zur Reparatur gebracht. War positiv erstaunt, dass mir damals nicht empfohlen wurde, das alte Ding wegzuhauen, was wahrscheinlich so in Germany der Fall gewesen wäre.
Nein, der junge Herr im Geschäft in der Ortschaft Kitti sagte, er werde mir ein neues abgespecktes Betriebssystem draufhauen – ich werde meine „Freude“ haben, meinte er. Und tatsächlich, es schreibt sich wieder fantastisch easy damit. Weil der andere Laptop in meinem Besitz, der zwar „Word“ drauf hat, aber dessen Keyboard halt so eng ist, ist zum (längeren) Schreiben nicht sehr geeignet, wie ich jetzt erst wieder bemerke. Finde auch, dass durch’s flüssigere und problemlosere Schreiben, das Schreiben an sich leichter fällt, da der Gedankenfluss offenbar nicht derart unterbrochen wird. Verspüre irgendwie gar keine Lust, nach irgendwelchen Notizen über Syrien und dem Desaster dort zu greifen, um das sodann hier einzuarbeiten.
Habe überhaupt ein Problem damit, diese Info noch als Info zu betrachten, stell ich zunehmend fest. Irgendwie kommt der Gedanke auf, man begibt sich darüber berichtend in ein Paar Schuhe, welches einem nie gehören wird – und schon gar nicht gehören sollte.
Ein Spielball des Bösen mag niemand sein.
Auch nicht dessen Propagandist.
Ja, ein wahrhaft schwieriger Spagat, aus dem nun, wie zu sehen ist, auf diese Weise sich gewunden werden soll. Und:
Musste vor dem Gebrauch des oben erwähnten, reparierten Computers allerdings ein Schreib-Programm herunterladen. Entschied mich für „OpenOffice“, und nicht, wie angeboten wird, weil auf dem Desktop Art vorinstalliert, noch schnell ein weiteres Word-Programm down zu loaden, welches allerdings nach Money schreit.
Es ist wahrscheinlich immer eine gute Wahl das OpenOffice. Und es kostet nichts.
‚Lustig‘ ist an der neu-bezogenen Wohnung unter anderem, dass ein uralter Fernseher darin steht, klobig und riesengroß, wie die Apparate es einst waren. Das Bild ist schwarz-weiß. Der Ton gut. Habe noch gar nicht umgeschaltet, weil wie es der Zufall will, läuft dort das syrische Fernsehen. Und das verfolge ich recht gespannt, wenn nicht geschrieben wird etc. Komischerweise guck ich mir das über den Computer nicht gern an. Ich scheine noch zu differenzieren. Über den Fernseher ist es mir, als hätte ich ja eh keine andere Wahl. Selbstbetrug, wahrscheinlich der Art und Weise wie wir uns betrügen, wenn Assad schöngeredet wird – schon demnächst. Sie werden es sehen.
Offensichtlich gibt es keine Sorgen mehr, dass Assad den Krieg nicht gewinnen könnte. Das Leben scheint sich wieder normalisiert zu haben, berichten die Fernsehbilder. Das syrische Parlament, welches ‚demokratisch‘ abstimmt und diskutiert wird sogar gezeigt. Verbrecher in Handschellen. Soldaten, die sich im Sand wälzen mit Gewehr in der Hand und schwarzen Strichen in den Gesichtern. Heroisch springen diese durch Feuerringe und kriechen unter eisernen, ebenfalls anfänglich unter Feuer gesetzten Hindernissen hindurch – strahlen danach in die Kamera.
Es ist ganz offensichtlich eine Freude, wird vermittelt, und das sagt auch jeder der Interviewten im syrischen Staatsfernsehen auf seine Weise in die Kamera, für das Land sich zu opfern. Die Häuser im Diplomatenviertel von Damaskus scheinen noch zu stehen, oder aber es wird altes Filmmaterial benutzt.
Siegreiche Basketballspieler werden in ihren Trikots gezeigt, und dann plötzlich taucht ein Pokal im Bild auf. Die Kamera zoomt aus und eine Gestalt im Anzug kommt in den Fokus und diese Person grinst wie ein Lausbub zwischen den Sportlern sitzend mit Pokal in der Hand in die Kamera – ein ziemlich kurzer Schwenk derselben, was dem Anlass eigentlich nicht gerecht sein kann, wo doch er, genau, Baschar der Fallensteller, nun im Mittelpunkt steht!
Assad hat sich also behauptet.
Das ist die traurige Nachricht!
Die gute Nachricht ist die Vermutung, dass der/die Kameramann/frau, die den Baschar nicht zeitlich lang genug in Szene setzten dafür nicht auf einem Rost gebraten werden zur Strafe – denn, davon darf getrost ausgegangen werden, die Szene ist EISKALT, so, inszeniert!